FACE TO FACE 2
Von 17.09.2002 bis 31.10.2002
Öffnungszeiten: Mo-Fr 3pm-7pm, Sa 10 am-1 pm
Tina Bara
In der Serie „Matura“ porträtierte Tina Bara eine Reihe junger Mädchen in inszenierten Posen nach Abbildungen, die sowohl aus der kommerziellen Werbe- oder Modefotografie als auch der künstlerischen Porträtfotografie stammten. Die Auswahl von zwei Vor-Bildern war den Mädchen überlassen. Zu den Fotografien gehören Texte, die allerdings auf getrennten Tafeln neben den Bildern präsentiert werden. Das Verhältnis von Bild und Text hat in den Arbeiten Tina Baras in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Texte geben den Porträtierten eine Stimme, intensivieren die Aussage des Bildes und verdeutlichen gleichzeitig eine zunehmend systematisch-reflexive Arbeitsweise der Künstlerin sowie ihr soziales und psychologisches Interesse am Gegenüber. Wie in der Malerei ist auch in der Fotografie die Entscheidung für einen Titel bereits die Entscheidung für die Preisgabe einer zusätzlichen Information. Insofern gibt der Titel der Serie „Matura“ bereits einen Hinweis auf das Alter und die spezifische, von Entscheidungen und Veränderungen geprägte Lebenssituation, in der sich die Mädchen zur Zeit der Aufnahme befanden. Diese Assoziationen werden durch die Texte der Mädchen bestätigt, die persönliche Gedanken und Reflexionen über ihre Lebensgestaltung, ihre Wunschvorstellungen und ihre Identifikation mit den jeweiligen medialen Vorbildern enthalten. An der Schwelle zum Erwachsenwerden und auf der Suche nach Stabilisierung der eigenen Identität orientieren sich die jungen Frauen in den fotografischen Reinszenierungen in den meisten Fällen an gesellschaftlich determinierten Stereotypen, die die abgebildeten Frauen repräsentieren. Dabei müssen Inszenierung und Authentizität in der Arbeit von Tina Bara einander nicht ausschließen, denn diese war von Beginn an von einem Interesse an der „Vermischung von Realität und Fiktion, Abgebildetem und Inszeniertem“ sowie an der „Auflösung dieser scheinbaren Gegensätze“ bestimmt. Auch ist die Serie nicht vorrangig als eine Kritik an massenmedialen Identifikationsfaktoren und Konstruktionen von Wunschvorstellungen zu sehen, also wie beispielsweise bei Richard Prince gegen die „Abnützungsphänomene der Mediengesellschaft“ gerichtet. Vielmehr ist die Arbeit Tina Baras als sensible Auseinandersetzung mit dem Phänomen individueller Identitätsfindung zu sehen, die exemplarisch an einer Reihe einzelner Biografien von Mädchen erfolgt und damit eine übergeordnete, kollektive Bedeutung gewinnt. Bilder werden zu „Stellvertretern und nehmen Modellcharakter in Bezug auf die Realität an.“ Ein psychologisches Interesse an der Dokumentation verbindet sie dabei mit einem subjektiv-unmittelbaren Zugang zu ihrem Gegenüber, dem Modell. Vergleicht man die Arbeiten Baras mit denen von Anett Stuth, so lässt sich feststellen, dass es sich um zwei polare Zugangsweisen an das selbe Thema handelt. Während die nackten Jugendlichen bei Stuth in ihrer privaten Umgebung völlig in ihrer eigenen (körperlichen) Realität abgebildet sind, bieten die Inszenierungen Baras den jungen Mädchen die Möglichkeit, ein Idealbild von sich zu erschaffen. Dennoch geht es in beiden Fällen um Fragen der Konstruktion von Identität und der Definition des Selbstbildes. Victor Burgin hat in diesem Zusammenhang auf die Affinität zu einer von Jacques Lacan untersuchten frühkindliche Entwicklungsphase hingewiesen: im sogenannten Spiegelstadium zwischen 16 und 18 Lebensmonat erkennt der Säugling, der seinen Körper bislang als bruchstückhaft erlebt hat, diesen als Ganzes im Spiegelbild: es gibt also auch hier eine „Korrelation zwischen der Formation von Identität und der Formation von Bildern“.
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