Town-Landscapes

Drei Positionen zu Stadt – Landschaften in Österreich

Eröffnung: Drei Positionen zu Stadt – Landschaften in Ă–sterreich
Von 19.11.2004 bis 19.11.2004
Öffnungszeiten: Mo-Fr 15-19 Uhr, Sa 10-13 Uhr
Ausstellungsübersicht, Gisela Erlacher, Edgar Knaack, Gregor Graf

Gisela Erlacher
 
"Fotografen verstehen mehr von Architektur
als Architekten von Fotografie."

Verena von Gagern

Drei österreichische FotografInnen zeigen in völlig unterschiedlichen Arbeitsansätzen und Positionen ihr fotografisches Verhältnis zum Stadt- bzw. Land-Raum und der dort auffindbaren und zu entdeckenden  Architektur. Trotz der so diversen Arbeiten ergeben sich dadurch - ob ihrer präzisen Beobachtungen – unbekannte Aspekte und Ansichten  zeitgenössisch vorfindbarer Bau- Lebens- und Konsumstrukturen in Ă–sterreich.
Gisela Erlacher konzentriert sich auf alltäglich präsente, in ihrer Unscheinbarkeit aber kaum wahrgenommene Elemente des ländlichen sĂĽdsteirischen ArchitekturgefĂĽges.  Zum einen ist es die zwölfteilige Bildserie „Eigenheim, SĂĽdsteiermark“, in der sie uns durch die fotografisch formale Strenge der Frontalansicht erzählt, wie die Architektur und Hausgestaltung von Menschen und Baumeistern am Land funktioniert. Quasi als GegenstĂĽck zu ihren kommerziellen fotografischen Architekturaufnahmen, die jedoch nur einen geringen Anteil dessen darstellen, was in Ă–sterreich wirklich gebaut wird. Gerade die intensive berufliche Auseinandersetzung mit sogenannter „gelungener“ oder „gute“ Architektur schärfte den Blick in ihr fĂĽr das, was ausserhalb der elitären Darstellung des guten Geschmacks liegt.  Sowohl Neubauten als auch renovierte Häuser stechen durch ihre grelle Farbgebung wie menschengeschaffene Fremdkörper aus ihrer Umgebung hervor.  Durch die bewusst zurĂĽckgehaltene Bildsprache Erlachers mutieren ihre „Eigenheime“ zu fast absurd anmutenden Spielzeughäusern und umschreibt damit Tendenzen die in Ă–sterreich nicht nur in der Steiermark auffindbar sind.
In der neueren Werkgruppe „Details“ konzentriert sich ihr Blick auf Einzel- oder Besonderheiten, die durch die sorgfältige Wahl des Ausschnitts und der Bildkomposition nahezu absurde Qualitäten erhalten.  Es sind wie sie selbst bemerkt „architektonische ready mades“, durchaus kĂĽnstlerische Ansätze, die aber in ihrem Anfangsstadium steckengeblieben sind und so wieder auf die kuriosen Ausprägungen des Häuslbauer-Universums verweisen. Fotografierte Skulpturen banaler Alltäglichkeit, auch Hässlichkeit auf irgendeine Weise skurill aber auch schön. Diese Poesie des entdeckten Alltags, die Erlacher vorfindet und mit ihrer Kamera festhält, bilden den Reiz ihrer Arbeit.  
Fotografische Arbeiten mit StraĂźenansichten von Linz bilden die Werkgruppe “Hidden Town” von Gregor Graf.  Allerdings bietet Graf dem Blick der BetrachterInnen Aufnahmen, die von sämtlichen sonst im öffentlichen Raum vorhandenen Zeichen sowie menschlichen Daseins bereinigt sind. Durch gezielt gesetzte Retuschen brachte Graf sämtliche Reklametafeln und Hinweisschilder zum Verschwinden und betont durch dieses Verfahren die architektonischen und strukturellen Kennzeichen der Stadt auf extreme Art.
Die Straßenzüge wirken unwirklich, kulturell austauschbar und fremdartig, wie Modellbauten für urbane Konzepte. Sie verlangen eine neue Art der Wahrnehmung, jenseits gewohnter Muster unserer alltäglichen visuellen Erfahrung, die längst auf das permanente Abtasten von Logos und verbalen Informationen im kommerzialisierten öffentlichen Raum konditioniert sind. Es erschließt sich ein Blick auf sonst verdeckte Architektur und „geklärte“ Raumsysteme. „Ich habe in Linz gezielt nach Architektur der 60-er und 70-er Jahre gesucht und die Standorte für meine Bilder unter anderem nach Aspekten der strukturalen Versschachtelung ausgewählt; auch die ursprünglich historischen Bedeutung der Strassenzüge und deren Wandlung spielte dabei ebenfalls eine Rolle.“ In einer Zeit des Rückzugs in die eigenen vier Wände , der Verschaltung der Reality und Live Shows des Fernsehens und den virtuellen Welten der Computer bleibt dem Künstler immerhin noch die Möglichkeit der Auflehnung – und das macht Graf, indem er die Stadt neu entwirft.

In älteren fotografischen Arbeiten hat Edgar Knaack die Spuren der Vergangenheit an abgerissenen Gebäuden dokumentiert. Nunmehr sind es, angeregt durch eigene  Bilder kommunalen Wohnbaus, die an der Peripherie errichtet wurden, Spuren der Zukunft, die beschreiben was kommen wird. Knaacks Interesse gilt in den neueren und im Fotohof erstmals präsentierten Arbeiten der Schnittstelle von Urbanität und Ländlichkeit, jenem Grenzbereich der Peripherie, wo städtische Planung in den leeren Raum vorangetrieben wird. Seine Blicke konzentrieren sich auf die architektonische „Landnahme“, die einerseits aus kommerziellen GrĂĽnden, andererseits aus urbanen städtebaulichen MaĂźnahmen erfolgt. Er richtet sein Auge und die Grossformatkamera in bewährter dokumentarischen Stils auf die direkte Konfrontation von Wohnraum und Nutzraum,  beobachtet hauptsächlich an den Grenzen Wiens und im benachbarten Niederösterreich. „Es beginnt mit einer StraĂźe, dann folgen Plakatwände und schlieĂźlich die weitere Infrastruktur die zur Landnahme fĂĽhren“. Damit reflektiert Knaack die ersten Symptome eines mittlerweile globalen  Phänomens, nämlich die Verselbstständigung der Peripherie. Was frĂĽher die Kernzone jedes Ortes war, wurde zu einer Fussgängerzone. Heute entstehen selbst an der Peripherie kleiner Orte (siehe Eugendorf, Wals) Geschäftszentren, wo der Einkauf losgelöst vom Bedarf zum Eventerlebnis mutiert. Die Spuren dazu ortet Knaack fast ĂĽberall, in sorgfältigen Kompositionen und Beobachtungen integriert er die vorgefunden Vorboten der Landnahme in seine präzisen Landschaftaufnahmen und dokumentiert die  Ambivalenz einer melancholischen Grundstimmung.




BIOGRAFIEN:

Gregor Graf, geboren 1976 in Wien. 1997- 2004 Studium an der Kunstuniversität Linz / Raum und Objekt. Ab 2000 Beteiligung an Gruppenausstellungen und Projekten im öffentlichen Raum. Lebt in Linz.

Edgar Knaack, geboren 1971 in Zell am See. Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien, Kolleg fĂĽr Fotografie, höhere grafische BLVA, Wien. 1994/95 Wiederaufbau- und Kunstprojekte in Ex-Jugoslawien. Seit 1993 zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen. Lebt in Wien.    

Gisela Erlacher, geboren 1965 in Villach.    Studium der Psychologie an der Universität Klagenfurt und Kamera an der Hochschule fĂĽr Musik und darstellende Kunst, Wien. Zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen. Lebt in Wien.