Anonyme Fotografen
Peaceful Action




Anonyme Fotografen
Mama, mir geht es gut…
Fotografische Erinnerungen an anonyme Besatzungssoldaten in Europa vor 1946. Eine Ausstellung von Fotos russischer und amerikanischer Soldaten nach dem 2. Weltkrieg.
70 Bilder
Bildformat in cm: 30X40
Rahmengröße in cm: 50X65
Kurator: Kurt Kaindl
Die Ausstellung "Mama, mir geht es gut" besteht aus 2 Teilen: einem Konvolut von Fotografien russischer Soldaten, die im Winter 1945 in einem
kleinen Ort in der Nähe von Budapest aufgenommen wurden. Der zweite Teil sind Bilder von amerikanischen Soldaten, die unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges in Salzburg fotografiert wurden. In beiden Fällen konnten bis heute die Fotografen nicht eruiert werden. Die Konvolute wurden in anonymen Verlassenschaften gefunden. Die Fotografien russischer Soldaten wurden offensichtlich von einer professionellen Fotografin aufgenommen, da sie sich durchgehend der Großbildfotografie bedienen und teilweise gemalte Hintergründe besitzen, wie dies in Fotostudios früher üblich war.
Offensichtlich wurden die Bilder von den russischen Besatzungssoldaten, die sich auf dem Sturm auf Wien vorbereiteten in Auftrag gegeben, um sie ihren Angehörigen nach Hause zu schicken. So sind die Bilder einerseits bewußte Porträts der Soldaten, andererseits berühren sie aber auch durch die Direktheit des Blickes und erschüttern mit den vielen Kinderbildern, die offensichtlich auch als Soldaten gedient haben. Die Fotografien der amerikanischen Soldaten wurden gefunden, nachdem die Filme jahrzehntelang auf einem Dachboden der Witterung ausgesetzt waren. Die daraus resultierenden Beschädigungen der Negativschicht, ergeben aber auch die Besonderheit der Arbeit, da diese Zerstörungen wie ein Kommentar auf den soeben zuende gegangenen Krieg wirken. Deutlich sichtbar wird aber auch die ganz unterschiedliche Mentalität russischer und amerikanischer Soldaten, die sich in ihrer Selbstdarstellung vor der Kamera äußert.
Zur Ausstellung ist der Katalogbuch "Peaceful Action. Photographic memories of anonymous occupation soldiers in Europe c. 1945" erschienen. Dieser Katalog enthält sämtliche aufgefundenen Bilder, sowie einen Text von Rolf Sachsse und Paul Panhuysen.
Ausstellungsorte
Passau Mar 1997
Innsbruck Sep 1995
Antwerpen Jun 1994
Presseclips:
Anonyme Fotografen
Mama, mir geht es gut…
Peaceful Action
Quelle: 5de Zomer van de Fotografie
Datum: 01.April 1994
Autor: Hilde van Leuven
(...) Fotos wirken wie Fetische. Sie ersetzen den abgebildeten Menschen, der in der Zeit lebte, als das Foto gemacht wurde. Hier verlieren die
Fotos diese Funktion, wir wissen nicht, wer diese Menschen sind. Es gibt genügend Gelegenheiten darüber zu spekulieren, welche Menschen das waren,
wie sie sich verhalten haben und was sie, abgesehen von ihren militärischen Aufgaben, gemeinsam hatten. Sowohl in der Körpersprache, in der Kleidung, in der Anwesenheit der Frauen, in den Attributen als auch in der Technik sehen wir dieselben Unterschiede. Die Amerikaner machen einen naiven, jungehaften Eindruck; die Russen scheinen eher würdiger, feudaler. Die Bilder der Russen sind meistens von den Füßen aus fotografiert, was den Eindruck von Distanz bekräftigt.(...) Das Aussehen dieser Fotos, die Technik und die Entwicklung in die Zeit, unterscheiden sich wesentlich und sind nahezu symbolisch für die unterschiedliche Lebenshaltung. Die amerikanischen Fotos wurden mit einer Kleinbildkamera, vielleicht einer Leica, die von den Deutschen erbeutet wurde, aufgenommen. Die Negative sind durch Feuchtigkeit, Wärme und Bakterien angegriffen, dadurch betonen die Bilder die Sterblichkeit und Vergänglichkeit von Fotografiertem. Die russischen Fotos wurden auf Glasplatten mit einer Mittelformatkamera in der guten alten Tradition der Porträtfotografie gemacht (Kleinbildkameras waren da noch nicht vorhanden). Die Platten waren gut aufbewahrt worden und sind, abgesehen von einigen Spuren und Kratzern, nahezu intakt. Sie wirken wie Totenbilder, wahrhaftige Ikonen.(..)