Eröffnung FOTOHOF archiv

Ausstellungen: Doug Stewart / Paul Albert Leitner

 

FOTOHOF archiv eröffnet mit einer Ausstellung von Doug Stewart und Paul Albert Leitner
Die Grundidee des neu gegründeten Fotohof archiv besteht darin, von den vertretenen Fotokünstlern eine breit gefächerte Sammlung anzulegen. Diese sollte natürlich die Fotografien enthalten; doch es geht dabei nicht nur um die Auswahl der Spitzenwerke für eine Ausstellung, sondern auch um erste Ausdrucke, kleinere Versionen der Bilder oder einen Überblick über die gesamte Serie. Vorentwürfe oder zusätzliche Abzüge sind für das Archiv ebenso wichtig, wie die sogenannte erste Wahl des Künstlers. Das Archiv sollte in der Lage sein, den künstlerischen Prozess in der Gesamtheit zu dokumentieren. Dazu gehören natürlich auch die Negative und Kontaktkopien oder die originalen digitalen Daten, die den Entstehungsprozess in der gesamten Breite abbilden. Schriftliche Entwürfe, Texte, Dokumentationsmaterialien über die Produktions- und Präsentationsgeschichte, Dokumente und Drucksachen sind weitere Sammlungsinteressen. Im idealen Fall lässt sich so nicht nur die künstlerische Arbeit zeigen und verstehen, sondern es lassen sich auch Einsichten in die Kultur der Zeit gewinnen.
 
 
Die Archiv-Präsentation der Bilder von Doug Stewart
Der amerikanische Fotograf und Fotolehrer Doug Stewart hat in den 70er Jahren gemeinsam mit Ina Stegen im Salzburg College ein viel beachtetes Foto-Workshop-Programm begründet und war auch erster Lehrer von Fotoklassen an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. Einige Salzburger Fotografen wie Michael Mauracher und Kurt Kaindl haben diese Kurse besucht und daraus ihr Wissen um die künstlerische Fotografie bezogen und in der Folge den Fotohof gegründet. Hier schließt sich der Kreis zur ersten Ausstellung des Fotohof archiv. Doug Stewart hat dem Fotohof einen großen Querschnitt seines fotografischen Schaffens überlassen. Es sind Bilder, die vor allem in der Zeit kurz vor und während seines Aufenthaltes in Salzburg und seiner Reisen in Europa gemacht wurden. Es sind Bilder, die an den Schnittstellen zwischen seiner akademischen Beschäftigung als amerikanischer Fotolehrer, seiner Tätigkeit in Europa und seinem persönlichen fotografischen Interesse entstanden sind. Entsprechend vielfältig sind die Bildfolgen: Experimentelle Serien reflektieren die Beschäftigung mit dem fotografischen Material. Einige heute fast vergessene Methoden, etwa Solarisation oder spezielle Formen der Tonung, sind ebenso zu finden, wie analoge Formen der Doppelbelichtung und Montage, deren Komplexität im Zeitalter von Photoshop nur schwer nachvollziehbar ist. Die von Doug Stewart „Photographic Street Theater“ genannte Serie von Bildern, vor allem aus europäischen Städten, ist ein gutes Beispiel für die in den 70er und 80er Jahren dominierende „street photography“ und verarbeitet die zahlreichen Reiseeindrücke, die der Fotograf erlebt und an seine Studenten vermittelt hat. Und dann gibt es die umfangreiche „Uncle Ed“-Serie, die das Interesse des Fotografen am Akt und der menschlichen Figur, an Skurrilität und Identität mit seiner Beschäftigung mit der Psychologie vereint: Eine schrille, fiktive Familie entsteht als künstlerische Konzeptarbeit. Einen besonderen Bezug zu Salzburg hat schließlich die Arbeit „Mit einer Dames“, in der Doug Stewart Plakatwände einer Zigarettenwerbung zu einer großen seriellen Arbeit vereint. In seiner ersten Präsentation versucht das Fotohof archiv die Arbeit eines Fotografen zu präsentieren und gleichzeitig seine Beziehungen und Einflüsse in der europäischen Fotografie zu dokumentieren. Individuelle und lokale Geschichte in den Fotos von Doug Stewart, Bilder von Studenten des Salzburg College in der Ausstellung und die Texte des Katalogs ergeben einen Mosaikstein europäischer Fotokultur.
 
Die Archiv-Präsentation der Konzeptarbeiten von Paul Albert Leitner
Paul Albert Leitner ist die Idealbesetzung, wenn es in der österreichischen Gegenwartsfotografie um die Verkörperung des Archivarischen an sich geht. Leitner, der ständig Reisende, begibt sich, wenn er  heimkehrt, auf „Innendienst“, wie er sagt, nach Hause,  zum Ordnen der Gedanken und Bilder, in eine Berglandschaft von Schachteln mit abertausenden penibel beschrifteten Fotos, Fundgegenständen, Zeitungsausschnitten, Texten. Paul Albert Leitner, hat immer schon als Archivar seines Lebens in Wohnungen, die eigentlich Archive waren, gelebt. Seine Arbeitsweise  ist nach wie vor die analoge Kleinbildfarbfotografie.  Im „Innendienst“, der auch ein präzises editing bedeutet, klebt er die 7 x 10 cm großen Maschinenabzüge auf farbige Karteikarten mit fortlaufender Nummerierung des jeweiligen Films und der dazugehörigen Nummer des Bildes.
Zu jedem Bild kommt ein Titel, minimal eine präzise Angabe von Ort und Zeit, häufig weiterführende Informationen.  Leitner bevorzugt den  Begriff „Legende“: Bild und Text zusammen sind konstitutiv, damit die Bilder gelesen werden und Leitners Erzählungen sich entfalten können. Das einzelne Foto ist eigentlich konkrete Poesie - als Bilderreihe oder Buch entstehen Narrationen, persönliche autobiographische oder ganze Weltgeschichten. „Kunst und Leben. Ein Roman“, ist der für sein Gesamtwerk grundlegende Titel seines ersten Buchs.
Zur Eröffnung des Fotohof archiv zeigt Paul Albert Leitner unter dem Titel „Kurze Meditation zum Archiv“ zwei Vitrinen mit jeweils etwas über 20 seiner Karteikarten – einmal eine leichtfüßige Auswahl zum spontan gewählten Thema „haircut“, und einmal Bilder zu Salzburg – als Referenz an den Ort und Vorgriff auf das Vorhaben, im Fotohof archiv,  auch ein Österreich-Bild-Archiv aufzubauen. Mehrere 100 Leitner-Motive werden einen wichtigen Beitrag bilden.
Selbstverständlich enthält das Archiv von Paul Albert Leitner auch Textartefakte zum Thema Archiv – ein Rätsel, nach welchem System er sie lokalisiert und aushebt - beschriftet und durch Unterstreichungen von ihm selbst akzentuiert präsentieren wir einige davon als Lesetafeln im Studienraum. Mit einem Augenzwinkern zeigen wir auch seine neuen Collagen aus im Stadtraum gefundenen Stickern – und stellen uns die alten Fragen, was die Kunst zur Kunst macht, wo die Grenzen des  Sammelwürdigen sein könnten, oder ob die Grenzen nur eine Frage der Ressourcen sind.