FOTOTECHNIKA Symposium
Programm:
6. Mai 2023, 14–18 Uhr

FOTOTECHNIKA II – Wie „weiblich“ ist die Fototechnik?
Fototechnik ist männlich, lautet ein bis heute gültiges Klischee und wird in einschlägigen Foren, Magazinen oder auf Fachmessen bestätigt. Auch Handbücher zur Fotografie sind fast ausschließlich von männlichen Autoren verfasst. Aber wie ist das Verhältnis zwischen Frauen und Fototechnik im Lauf der Mediengeschichte wirklich gewesen? Wie sieht ein Genderdiskurs aus, der zugleich fundiert und humorvoll ist? Und welche Bilder entstehen, wenn ihr Motiv die Fototechnik ist?
Technikaffine Fotografinnen sind die Protagonistinnen und Themen des Symposiums mit Vorträgen und performativen Lectures: Es wird um die Nähe zwischen Kamera und Fotografin gehen, um das Kapitel „Weichzeichner“ in der Fotofachliteratur, um Fotografinnen, die sich bereits im 19. Jahrhundert behaupten konnten, um den Akt des Reproduzierens, um den Zusammenhang zwischen „einfacher“ Technik und Frauen, und welche Themen eine solche Herstory der Fototechnik umfassen könnte.
Mit Caroline Heider, Ruth Horak, Ulrike Matzer, Lisa Rastl, Claudia Rohrauer und Katharina Steidl
6. März 2023, 14-18h
Programm-Vorschau:
14.00–14.30 Performative Lecture
Lisa Rastl: Re-produzieren – ein performatives Setting
Eine rhythmische, sich wiederholende Handlung, eine monotone Arbeit... eine Vorlage wird auf dem Tisch platziert, das Licht eingestellt, die Kamera adjustiert, der Arbeitsfluss wird unterbrochen durch das helle Aufblitzen der Lichter, wenn sich die Blende der Kamera öffnet und das Abbilden der Vorlage im gegenwärtigen Augenblick dargestellt wird. Handelt es sich hierbei um einen schöpferischen Akt? Ist der Qualitätsverlust zum Original sichtbar? Oder entsteht vielmehr ein neues „Original“? Das neu entstandene Abbild wird ausgedruckt und wiederum reproduziert, so lange, bis ein deutlicher Farbverlust wahrnehmbar ist und sich die Abbildung per Definition entscheidend vom Original unterscheidet und somit einem hohen „Schöpfungsgrad“ unterliegt.
14.30–15.00 Einführung und Moderation
Ruth Horak: Sie, die Fototechnik
Anhand des 2023 erschienen Buches FOTOTECHNIKA , resümiert eine der Herausgeberinnen, welche Aspekte und Themen eine Herstory der Fototechnik umfassen könnte: Wie ist das Verhältnis zwischen Frauen und Fototechnik im Lauf der Mediengeschichte wirklich gewesen? Wie sieht ein Genderdiskurs aus, der zugleich fundiert und humorvoll ist? Und welche Bilder entstehen, wenn ihr Motiv die Fototechnik ist?
15.00–15.30 Vortrag
Katharina Steidl: Fe/Male Photography, das Fotografische oder Mechanismen der Separation
In der Kunstgeschichte der 1970er Jahre löste Linda Nochlins Essay „Why have there been no great women artists“ eine grundlegende Befragung nach den Ursachen der Marginalisierung von Künstlerinnen und einer fundamentalen Quellenarbeit historisch belegbarer Persönlichkeiten aus. Rund 50 Jahre später stellt sich im Feld des Fotografischen mehr denn je die Frage, welche bis dato oftmals unhinterfragten Ordnungsstrukturen zu einer nach wie vor brisanten Geschlechtskodierung von Fotografie als Technik, Medium und Bild verhelfen.
15.30–15.45 Publikumsfragen
15.45–16.00 Pause
16.00–16.30 Performative Lecture
Caroline Heider: Reading photo guides
Handbücher zur Fotografie sind fast ausschließlich von Männern verfasst. Entsprechend sind die Abbildungen in diesen Fachbüchern einem männlichen Blick geschuldet: Nicht nur weibliche Akte sind wiederkehrende Motive, sondern auch die einschlägigen weiblichen Rollen werden immer wieder aufs Neue festgeschrieben. Sobald es um die Technik geht, scheint der Bildinhalt der verwendeten Fotografien in den Hintergrund zu treten. Caroline Heider versucht mit dem Lesen und Zeigen einiger Technikhandbücher aus dem Bestand der Angewandten und der Bibliothek des Fotohofs diese unkommentierten reproduzierten Klischees ans Licht zu bringen.
16.30–17.00 Vortrag
Ulrike Matzer: Spezialistinnen ihres Fachs – Zu Unrecht vergessene Fotografinnen
Frauen betätigten sich früh im fotografischen Metier – was fotohistorische Überblickswerke jedoch kaum vermitteln. Anhand zweier Wiener Fotografinnen, die durch ihre Spezialisierung eine Alleinstellung im Fotogewerbe erlangten, lässt sich das Potenzial eines genderanalytischen Zugangs demonstrieren: Avancierte Adele Perlmutter mit ihren Aufnahmen lebender Bilder 1868 zur ersten Hoffotografin Wiens, so betrieb Marianne Strobl gegen 1900 erstmals Industriedokumentationen in großem Stil.
17.00–17.30 Performance Lecture
Claudia Rohrauer: Your "grooving" for photography
Die performative Lesung untersucht anhand von Berenice Abbotts Buch „A guide to better photography“ die markante Art der Fotografin, fototechnisches Wissen zu vermitteln. Dabei steht Abbots sprachlicher Duktus im Fokus, welcher ihren "guide" von klassischen Lehr- und Handbüchern unterscheidet. Während in der Literatur häufig die technische Perfektion als Hauptkriterium für ein perfektes Bild dargestellt wird, findet sich in „A guide to better photography“ eine Anleitung zur Entwicklung einer fotografischen Haltung, die sich aus dem Meistern der Technik speist.
17.30–18.00 Publikumsfragen / Besichtigung der Ausstellung FOTOTECHNIKA
Beteiligte:
Caroline Heider (*1978 in München) lebt und arbeitet in Wien. Ihr Fokus liegt auf der Untersuchung technischer Bilder, ihren Produktionsbedingungen, damit verbundenen Genderaspekten und dem Übertrag analoger fotografischer Technologien in den digitalen Bereich. Sie lehrt und forscht an der Universität für angewandte Kunst Wien in der Abteilung "Angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien“.
Ruth Horak (*1972) ist Autorin und Kuratorin mit den Schwerpunkten zeitgenössische Fotografie, Fototheorie und Medienreflexivität. Sie arbeitet an einer „Inventur“ der Fotografie mit Beispielen aus Kunst, Film, Literatur und dem Medienalltag, die zusammen eine Idee davon geben könnten, was Fotografie denn ist. Während alle fotografieren, können sich manche mit der Fotografie beschäftigen.
Ulrike Matzer ist promovierte Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin, 2021/22 Gastprofessur für Geschichte und Theorie der Fotografie an der Universität für angewandte Kunst, Wien.
Lisa Rastl (*1974) lebt und arbeitet in Wien als Künstlerin und Fotografin. Sie wurde an der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt zur Fotografin ausgebildet, besuchte nach der Meisterprüfung die Schule Friedl Kubelka für künstlerische Photographie und studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien. Eine mehrjährige Tätigkeit als Fotografin im mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien und damit einhergehende Fragestellungen zu Themen wie Autorïnnenschaft und Urheberrecht, der Rolle der Fotografie als Reproduktionsmedium, dem Verhältnis von Original und Kopie wurden zum Impulsgeber für ihre künstlerische Praxis.
Claudia Rohrauer (*1984 in Wien) begann ihre Ausbildung zur Fotografin an der Höheren Graphischen BLVA in Wien und studierte anschließend an der Schule für künstlerische Photographie sowie an der Akademie der bildenden Künste Wien. Seither untersucht sie die Fotografie mit künstlerischen und pseudowissenschaftlichen Methoden, um die Vielfältigkeit, die Potenziale und die Abgründe des Mediums sichtbar zu machen.
Mag. Dr. Katharina Steidl ist Post-Doc (APART-GSK Habilitationsstipendiatin, ÖAW) an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Geschichte und Theorie der Fotografie, Geschlechtergeschichte und Wissenschaftsgeschichte.